Frau Meentzen:

„Als die Mauer fiel, war ich gerade auf einer Insel in der Nordsee, wo ich als Lehrerin gearbeitet habe, und ich wollte unbedingt nach Berlin, weil ich mal ein halbes Jahr dort gewohnt habe, und ich wollte unbedingt sehen, wie es ohne Mauer ist. Ich wollte so gerne zu meinen Freunden und dann habe ich auch versucht, möglichst schnell an einem Wochenende hinzufahren.“

Herr Berge:
„Da bin ich zur Grenze gefahren und habe den Leuten, die mit den Trabbis rüberkamen, zugewunken.“

Frau Twardawa-Lüth:
„Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich das so genau nicht mehr weiß. Ich war mitten im ersten Staatsexamen.“

Frau Dahms:
„Ja also – ich habe geschlafen, als die Nachricht in den Nachrichten kam, aber am nächsten Tag saßen wir wirklich nur zu viert oder fünft in der Schule und alle die „in den Westen rüberjemacht“ - hieß es ja bei uns- waren, sollten einen Tadel bekommen, den haben sie dann aber am Ende doch nicht bekommen.“

Frau Eisner:
„Ich habe geschlafen. Wirklich! Am nächsten Tag bin ich zur Schule gefahren und es war niemand in der Schule. Ich war total stinkig, dass meine Eltern mich nicht geweckt haben.“

Frau Radtke:
„Ich habe die Nachrichten mit meiner Mutter geschaut. Diese hat dann meinen Vater geweckt, der die Berichterstattung mit uns vor dem Fernseher verfolgt hat. Am nächsten Tag ging meine Klasse vom Lette-Verein natürlich geschlossen zum Ku-Damm, der total voll war. Alle Menschen strömten ins KaDeWe.“

Frau Schultz:
„Damals war ich mit Freunden zusammen und wir haben gemeinsam Fernsehen geguckt, haben uns die Bilder angeschaut von den ersten Menschen, die über die Grenze kamen. Ich war in Braunschweig, eine relativ grenznahe Stadt. Wir hatten viele Freunde aus Helmstedt, was ja ne Grenzstadt ist, und darüber haben wir das dann auch live miterlebt - schon die Wochen vorher, wie deren Verwandte über Ungarn gekommen sind, und wie es immer dichter war und immer mehr Menschen aus der DDR herausgekommen sind.“

Herr Winkler:
„Konkret erlebte ich den Abend vor dem Fernseher mit meiner Mutter. Als ich nicht schlafen konnte setzte ich mich neben meine Mutter  und schaute die berühmte Abendschau. Farbig! Am besagten Abend klingelte es an unserer Tür und Nachbarn fragten, ob meine Mutter auf ihre schlafenden  Kinder aufpassen könne. Das hat sie bejaht, aber sie war sehr verwundert, denn der Grund war, die Nachbarn wollten mal eben in den Westen. Und meine Mutter fragte: „Kommt ihr wieder? Wie geht das denn?“ „Ja – die Mauer ist auf!“, haben sie gesagt.““

Frau Tsioura:
„Einfach geschlafen! Ich habe es erst am nächsten Morgen mitbekommen. Und dann sind wir hingefahren. Ich habe mit meiner Freundin in Charlottenburg gewohnt und dann waren wir da und haben uns das alles angeschaut… Der ganze Trubel am Brandenburger Tor und die Leute, die auf der Mauer rumgeturnt sind oder rübergeklettert sind…“

Frau Wentker:
„Ich lag im Krankenhaus und habe die Weisheitszähne herausgekriegt. Alle vier gleichzeitig! Im Fernsehen lief das über meinem Bett da oben, aber ich hatte diese Dinger nicht gekauft und ich sah nur, oh da stehen Leute auf der Mauer und ich hab das nur in einem Vollnarkosenebel beim Aufwachen wahrgenommen. Das sieht ja komisch aus. Erst am nächsten Tag, als ich wieder zu mir kam, habe ich dann mitbekommen, was da passiert war.“

Frau Hayungs:
„Wir haben Fernsehen geschaut. Später sind wir zur Glienicker Brücke gefahren und haben auf die Trabbis geklopft, die dann reingekommen sind.“

Frau Ruf:
„Ich lebte damals in Bayreuth. Das ist ja relativ nah an der ehemaligen innerdeutschen Grenze und da sind an dem Tag die ganzen – ich sag mal – Ossis mit ihrem Trabbi nach Bayreuth gefahren. Es haben Leute Tee ausgeschenkt auf der Straße und dann waren in den Supermärkten natürlich alle Bananen ausverkauft  und alles tropische Obst. Und alle lagen sich in den Armen… Das war ein großartiger Tag!“

Frau Sobotta:
„Meine Eltern kamen aus der Kirche. Das war irgendwie ein Abendgottesdienst, 18 Uhr Gottesdienst und irgendwie kamen sie total aufgelöst nach Hause: Die Grenzen sind offen! Und sie haben nach der Kirche gefeiert und ich als Kind fand es total beeindruckend, wie meine Eltern aus dem Häuschen waren.“

Frau Dammann:
„Da war ich mit Freunden in einer Neuköllner Altbauwohnung. Wir saßen auf dem Teppichboden. Es war ne Ofenheizungswohnung. Es war schön warm und wir haben diskutiert, die müssten doch endlich die Mauer aufmachen, sind nach Hause gefahren, haben das gar nicht realisiert, dass das schon passiert ist, und am nächsten Morgen beim Frühstück habe ich dann Radio gehört.“

Frau De Luna:
„Ich habe gelernt für eine Klausur an der Uni. Linguistik war das – ja – ich habe gelernt und dann gelernt und gelernt und dann rief mein Vater an, mein lieber Vater aus Madrid und sagte: „Carmen – herzlichen Glückwunsch! Weißt du denn nicht, was passiert ist?“ Und ich: „Nö – was ist denn los?“ „Die Mauer ist geöffnet!“ Und dann bin ich natürlich dahin gefahren. Ich habe ein paar Leute kontaktiert und dann habe ich mir das angekuckt. Das war sehr schön.“

Frau Schneider:
„Ich habe geschlafen. Da war ich noch klein. Soll ich erzählen? Am nächsten Tag kam ich nach Hause aus der Schule und meine Mutti saß auf dem Hof mit all den anderen Mietern aus dem Haus und es war früh um 12 oder sowas. Meine Mutti hatte so viel Sekt getrunken, dass sie einen Schwipps hatte.“

Frau Sandhoff:
„Ich war in der Oper. Meine Eltern und ich und noch ein Freund. Und wir sind dann nachts nach Hause und haben nichts mitbekommen. Die Oper wurde nicht unterbrochen. Wir haben nachts Zuhause noch einen Sekt getrunken und sind dann um halb 1 ins Bett. Der einzige, der nachher verstanden hatte, was passiert war, war dann mein Vater als er morgens Nachrichten hörte. Aber er hatte es mir gar nicht erzählt, weil ich schon um 7 Uhr in der Paulus-Schule war. Und in der Paulus-Schule war ein großes Aufregen. Alle waren irgendwie durcheinander. Ich war noch in einer ganz anderen Welt. Ich kam ja gerade sozusagen aus der Oper und war gerade mal ein Jahr in Berlin und wusste eigentlich gar nicht, was das nun alles bedeutet und dann hat ein Freund mich angerufen. Wir hatten um halb 12 Schluss gehabt in der Schule und da sind wir am Freitag Mittag in die Stadt gefahren mit meinem Auto zum Reichstag. Von Moabit zum Reichstag – eineinhalb Stunden - das sind 5 Minuten normalerweise. Da waren Menschen und Massenunterwegs. Und ich mit dem Auto am 10. November durch Berlin. Das war einfach unsagbar und die Leute freuten sich. Die hauten mir aufs Auto. Die waren in einem Ausnahmezustand!“

Herr Rathmann:
„Ich konnte nicht glauben, was ich da am Fernseher miterlebte: Ich glaube … das ist … sofort … unverzüglich, stotterte Günter Schabowski. Gegen halb 10 fuhr ich zur Invalidenstraße, hörte und rief selbst immer nur „Wahnsinn“, bis mir ein Ehepaar in die Arme lief und fragte, ob ich mich auskenne. Mit den beiden bin ich dann bis morgens um 4.00 Uhr durch Westberlin gefahren, noch beim Abschied waren wir alle so aufgeregt, dass wir nicht mal Adressen ausgetauscht haben. Ich habe die beiden nie wiedergesehen, hätte sie aber gerne zu einem seit langem geplanten Fest eingeladen, das zwei Tage später in meiner neuen Wohnung stattfand. Gefeiert werden sollte eigentlich die Promotion, aber viel mehr gefeiert haben wir den Mauerfall, denn nicht nur eingeladenen 40 Leute kamen, sondern fast doppelt so viele, weil beinahe jeder jemanden mitbrachte, der zum ersten Mal nach Westberlin kommen durfte. Ein unvergessliches Fest."