Der dunkle, kalte, regenverhangene Tag, an dem wir den langen Weg von Babelsberg nach Hohenschönhausen antraten, passte sehr gut zu der Stimmung, die wir dort im Gefängnis vorfanden.
Wir wurden zunächst in einen neu errichteten Zweckbau geführt, um einen Film anzusehen als Einführung in die Geschichte des Geländes. Wir hielten den Film für sehr gut gemacht, die Stufen der Entwicklung wurden deutlich hervorgehoben und auch persönliche Schicksale miteingebunden.
Ein Zeitzeuge, der allerdings nicht in Hohenschönhausen inhaftiert war, sondern die Gewalt des DDR-Staates in Dresden erfuhr, führte uns kenntnisreich durch das Gelände. Allerdings konnten wir kaum Fragen stellen; der Eindruck dieser Gefängnismauern scheint schlimme Erinnerungen in ihm wachgerufen zu haben, vielleicht erklärt sich so seine Kommunikationshemmung.
Das Gelände in der Genslerstraße, von hohen Mauern umgeben, gehörte bis 1938 einem Maschinenfabrikaten. Die NS-Volkswohlfahrt errichtete dort ein Backsteingebäude, in dessen Keller eine Großküche erstellt wurde. In dieser Großküche entstand im Mai 1945 eines der zehn Lager der Sowjetischen Besatzungszone. Der Kellerraum wurde zu einem Kellergefängnis umgestaltet- von den Häftlingen „U-Boot“ genannt. Diese engen Zellen ohne Tageslicht wirkten auf uns erschreckend, beklemmend und angsteinflößend. Hier kam es zu fürchterlichen physischen und psychischen Folterungen durch den sowjetischen Geheimdienst.
Ab 1951 ging das Gelände und auch das Kellergefängnis in die Verwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) über. Ende der 50er Jahre nach dem Bau eines neuen Gefängnisses mit 100 Zellen und 120 Vernehmungsräumen wurde das „U-Boot“ nicht mehr für Gefangene benutzt. Im Zuge des Wunsches nach internationaler Anerkennung änderte die Stasi ihre Foltermethoden: Man ging über zu vornehmlich psychischer Folter wie örtlicher und zeitlicher Desorientierung, Isolation, um die Gefangenen persönlich zu destabilisieren. Als wir dieses neue Gefängnis besichtigten, haben wir uns an den Film „Das Leben der Anderen“ erinnert, der zum Teil dort gedreht wurde. Alle diese Informationen und Eindrücke haben uns sehr emotional berührt.
Wir halten es für wichtig, dass Jugendliche dorthin gehen, um sich selbst einen Eindruck von den schrecklichen und brutalen Haftbedingungen der Gefangenen zu verschaffen.
Das ganze Gefängnis entspricht nicht dem Gebot der menschlichen Würde- es ist unmenschlich.
Klasse 10b mit
Frau von Kleist
Frau Grünebaum