Kurz vor Weihnachten war Sally Perel zu Besuch. Der inzwischen hochbetagte Überlebende des Holocaust war noch einmal auf Lesereise und machte Station in der Marienschule, um aus seiner Autobiographie „Ich war Hitlerjunge Salomon“ zu lesen.

Nach der Begrüßungsrede des Schulleiters, Dr. Thomas Rathmann, einer Rede des Referenten der kooperierenden Friedrich-Naumann-Stiftung, Kay Heinz Ehrhardt, sowie einer Einführung des Vorsitzenden des Bildungsausschusses im Brandenburger Landtag, Andreas Büttner, erzählte Sally Perel von seiner Jugend zur Zeit des Nationalsozialismus.

Ohne jede Verbitterung und ohne Groll, vielmehr offen und menschenfreundlich sprach er zu den nahezu 400 Gästen, die ihm mehr als eineinhalb Stunden gebannt zuhörten. Vor allem die Schüler, selbst die jüngeren aus den 4. und 5. Klassen, waren gefesselt von der abenteuerlichen Geschichte, aber auch von der Art des Vortrags.

Besonders eindrucksvoll war, wie er von der eigenen Zerrissenheit erzählte, wie er als Hitlerjunge die Anziehungskraft faschistischer Ideologie am eigenen Leib verspürt habe, obwohl gleichzeitig seine Familie im Ghetto von Lodz ein Martyrium erlebte und umgebracht wurde. Es ging unter die Haut, dass Perel die Menschen, die sich heute von nationalistischen und totalitären Ideen angezogen fühlen, nicht einfach verurteilte, sondern ihnen die Hand zur Versöhnung reichte und das Gespräch anbot, weil er die Verlockung selbst einmal verspürt hatte. Bei allem Verständnis aber sei es völlig inakzeptabel, wenn heute Jugendliche in Deutschland wieder den Holocaust leugneten und rechte Parolen riefen.

Im kleineren Kreis, später beim Empfang in der Aula, ging es um die aktuelle politische Situation in Israel, um die Palästinenser im Gazastreifen. Sally Perel ist nicht in der Vergangenheit verhaftet, sondern ein politischer Kopf, der sich in der Gegenwart engagiert. Er riet seinen deutschen Gastgebern, mutig zu sein, sich einzumischen und keine Scheu zu haben, die israelische Regierung zu kritisieren, wenn es erforderlich sei – und derzeit sei es erforderlich.

Noch am nächsten Tag waren viele Schülerinnen und Schüler trotz des letzten Schultages vor den Weihnachtsferien gedanklich bei der Lesung, stellten tausend Fragen und diskutierten angeregt über die Begegnung mit Sally Perel. Seine Zuhörer in der Turnhalle hat er, das ist sicher, gegen Naziideologie, Ausländerfeindlichkeit und totalitäre Ideen immunisiert.

T.R.

 Die Begrüßungsrede von Dr. Rathmann finden Sie im Anhang: